DIE VORGESCHICHTE

Der erste Mensch, von dem ich wusste, daß er einen Schrebergarten bewirtschaftete, war mein Großvater. Er war ein einfacher Mann, lebte in einer kleinen 3-Zimmer-Wohnung und das einziges Hobby, das er sich leisten konnte, war ein Schrebergarten. Als Kinder verbrachten wir viel Zeit in der kleinen Parzelle – durften dort mithelfen und auf der kleinen Rasenfläche Fussball spielen.

Daher war “Schrebergarten” für mich immer irgendwie positiv besetzt, keine Spur von “Spießertum” oder ähnlichem. Nun leben wir selbst in einer Stadtwohnung und knapp drei Minuten mit dem Fahrrad entfernt liegt einer der schönsten Schrebergärten der Stadt. Seit mehr als 50 Jahren wachsen dort Bäume und Hecken, alles wirkt sehr ruhig und friedlich.

Vor ein paar Jahren beschlossen wir, uns einfach mal auf die Bewerberliste für eine der Parzellen setzen zu lassen – nur um dann zu erfahren, dass auf der Liste mehr als 100 Interessenten standen. Und dann kam die Corona-Pandemie, und die Nachfrage nach einem kleinen Garten stieg nochmals sprunghaft an, so sehr, dass die Warteliste einfach geschlossen wurde… aber wir waren zumindest drin!

Wir ließen nicht locker und stellten uns immer wieder vor, fragten immer wieder nach dem aktuellen Stand, zeigten immer wieder unser großes Interesse. Und bei irgendeinem dieser Treffen fiel der Begriff  Garten Nummer 60...

GARTEN NUMMER 60

Als wir Ende März das erste Mal den besagten Garten Nummer 60 begutachteten, waren wir schlichtweg schockiert. Es handelte sich um eine über 400qm große Parzelle, alter Baumbestand, ruhig gelegen – aber von vorne bis hinten mit Müll und Gartenabfällen übersät. Wir waren uns nicht sicher, ob ein Mensch so viel Müll ansammeln konnte – oder ob über die Jahre hier einfach jeder sein nicht mehr benötigtes Zeug entsorgte.

Vom zerbrochenen Schubkarren bis hin zu verrotteten Tulpenzwiebeln die noch in den Plastikschalen steckten, rostiges Werkzeug, alte Fliesen, das verkohlte Skelett eines abgebrannten Treibhauses, abgelaufene Turnschuhe… insgesamt ein erbärmliches Bild. Noch dazu die kahlen Bäume, überall wucherndes Gestrüpp – es fiel uns sehr schwer, sich hier ein Vorher-Nachher-Bild zu machen.

DAS GROSSE AUFRÄUMEN

Aber trotz all dem Müll und der immensen Verwahrlosung – irgendwie hatte dieser Garten eine besondere Ausstrahlung auf uns. Zum einen war es die Größe der Parzelle, dazu der alte Baumbestand, der freie Blick auf die Heidelberger Berge. Und nach und nach kamen wir auch mit allen unmittelbaren Nachbarn ins Gespräch, und so wurde es langsam aber sicher “unser” Garten Nummer 60.

An zwei Samstagen im Frühsommer begannen wir mit Hilfe einiger freiwilliger Helfer des Gartenvereins den Garten vom Müll zu befreien, dann wurde mit einem Freischneider das hohe Gestrüpp entfernt und schließlich alles zum Wertstoffhof verfrachtet.

Und auch die Nachbarn waren froh, dass endlich die Müllkippe entsorgt war…